OL in Brasilien

Wie Leser dieser Website wissen, hat Brasilien außer der Fußball-WM 2014 und den Olypischen Spielen 2016 noch ein weiteres gaaanz großes internationales Sport-Event zwischen den beiden genannten Veranstaltungen zu bieten: die Senioren-WM im Orientierungslauf (WMOC). 😉 Viele werden sich fragen, wie OL in diesem exotischen Land denn eigentlich ist.
Caro und ich haben das am vergangenen Sonntag bei einem Trainings-OL in Campina do Sul bei Curitiba (für brasilianische Verhältnisse gar nicht so weit weg von Porto Allegre, wo die WMOC 2014 stattfinden wird) ausprobiert.

Der angenehme Teil des Wettkampfgeländes. Wer findet drei OL
Der angenehme Teil des Wettkampfgeländes. Wer findet drei OL’er?

Zuerst fiel auf, dass sich der Lauf bei der Teilnehmeranzahl nicht zu verstecken brauchte, im Gegenteil: 200 OL“erinnen und OL“er waren am Start, und das bei einem einfachen Trainings-OL.
Im ganzen Land gibt es übrigens ca. 14’000 registrierte OL“er und zu Schnupper-Veranstaltungen in der Region Curitiba kommen regelmäßig 50-60 Neulinge (die natürlich wie bei uns nicht alle dabei bleiben).
Wer hätte gedacht, dass es in Brasilien, wo der OL ja erst vor wenigen Jahren so richtig Einzug gehalten hat, schon weit mehr aktive OL“er gibt als bei uns. (Dafür haben wir bei nationalen Meisterschaften mehr Teilnehmer, denn dass alle Brasilianer sich an einem Ort zum OL treffen, dafür sind die Entfernungen einfach zu enorm.)
In 18 der 27 Regionen Brasiliens gibt es OL-Vereine – selbst im Amazonasgebiet!

Mehrmals wurden wir gefragt, wie wir die Veranstaltung, Karte, Bahn, Orga etc. fanden, ob der Standard wie in Europa sei – und wir konnten das nur bestätigen. Es gab nichts auszusetzen. SportIdent gehörte zum Trainings-OL selbstverständlich dazu, Bahn und Karte waren gut, alles war unkompliziert, entspannt, freundlich und funktionierte tadellos, im Ziel gab“s leckere Wassermelonen und Bananen…
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Tiere haben wir nicht gesehen, aber dafür war man mit der Flora ziemlich direkt in Kontakt – es ging durch bauchnabelhohe Wiesen und sehr grüne Waldstücken. Am schlimmsten aber waren die zugewachsenen Sümpfe, durch die man sich buchstäblich durchkämpfen musste. Das war echt hart und immer wieder lag ich im Wasser oder roten Schlamm.
Außer etwas Verdreckung haben wir aber nichts davon getragen, abgesehen von einem kleinen Splitter in der Hand, ein paar Insektenstichen und einem roten Hautausschlag auf irgendeine Pflanze – unsere Ängstlichkeit vor dem OL war also zum Glück nicht gerechtfertigt gewesen. Ich möchte trotzdem nicht wissen, was in den Dickichten und Sümpfen alles so kreuchte und fleuchte…
Hier sieht man, wie sich ein paar Teilnehmer gegenseitig durch einen der immer wieder zu durchquerenden Stacheldrahtzäune helfen, um dann im Sumpf zu verschwinden:
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Souverän waren die beiden deutschen Gäste bei der Feinorientierung gewiss nicht: fast 10min Fehler musste ich am Ende allein zum 6. Posten registrieren… aber ohne Suchen hat wahrscheinlich keiner die Posten im teilweise urwaldähnlichen Wald gefunden. Caro hatte zwar im Gegensatz zu mir einen Kompass, aber auch Probleme beim Finden des ein oder anderen Grünpostens.

Als Gäste wurden wir wahrlich aufgenommen; wir sollten unbedingt noch länger in Curitiba bleiben, um noch weitere OL“s mitmachen zu können. Nach dem Lauf wurden wir zum typisch brasilianischen Mittagessen – gegrillte Wurst und Fleisch, Maniokmehl, Kartoffelsalat, grüner Salat, Reis – eingeladen bei der Familie eines der OL-Pioniere der Region und ganz Brasiliens, wo wir viel Interessantes erfahren konnten. OL ist in Brasilien mit SI und OCAD auf dem neuesten Stand, aber noch vor 25 Jahren hat Jaime die Karten schwarz-weiß ausgedruckt und Frau und Tochter mussten ihm helfen, sie mit Stiften bunt auszumalen. Jaime ist pensioniert und hat früher beim Militär gearbeitet, von wo aus die OL-Bewegung auch begann (weil es keinen Krieg gab und das Militär nichts zu tun hatte, so der spöttische Kommentar der Tochter).

Die Familie Demarchi, sehr nette OL
Die Familie Demarchi, sehr nette OL“er aus Curitiba

Stolz zeigte er uns auch seine ordentlich eingehefteten Karten von der WMOC 2012 im Harz und der im Vorfeld angebotenen Bavarian O-Tour. Ganz verzückt war er durch die vielen Steine und Felsen im Wald. Als wir erzählten, dass das bei OL“s z.B. in Tschechien noch krasser geht, konnte er es kaum glauben.

Fazit 1: Die WMOC wird auf jeden Fall ein tolles Event mit anspruchsvollen Geländen und viel Sonne, also bucht so bald es geht für den Dezember günstige Flüge nach Porto Allegre, ihr Senioren!

Fazit 2: Eine der schönsten Möglichkeiten, Einheimische in bereisten Ländern kennenzulernen, ist an einem OL teilzunehmen – ich denke das gilt für alle Gegenden, in denen es OL gibt.

Als besonderes Schmäckerchen durften wir am Ende der Strecke eine riesige Rodeo-Halle durchqueren.
Als besonderes Schmäckerchen durften wir am Ende der Strecke eine riesige Rodeo-Halle durchqueren. Wer findet zwei OL“er?