Ein Adventure Race – was ist das denn?
Am vergangenen Samstag fand bei Brungershausen, einem Dorf bei Marburg in der Mitte von Hessen, das alljährliche Auenland Adventure Race statt. Wie Kenner wissen, sind die Gegend um Marburg und das sogenannte Hinterland ausgesprochen schön und erinnern mit den vielen grünen, runden Bergkuppen tatsächlich an das Auenland aus „Herr der Ringe“.
Es gibt drei Kategorien: Beginner, Challenger und Master, die das Zeitlimit bei 6h, 12h bzw. 24h haben. In dieser Zeit muss jedes 2er-Team so viele Checkpoints wie möglich finden und wer die meisten hat, ist Sieger – die Parallelen zum (Score-)OL sind unverkennbar. Es wurden zum Nachweis der besuchten Checkpoints auch die guten, alten Lochzangen eingesetzt und sogar richtige Sport-Ident-Chips, um sich in den „Transition Areas“, wo man die Art der Aktivität wechselt, zu registrieren.
Ja, so funktioniert es nämlich: Jedes 2er-Team (man muss immer zusammen bleiben) hat ein Roadbook (Seite 1 und Seite 2 der Masterkategorie), in dem steht, welche Art der Fortbewegung man wann auszuführen hat und welche Checkpoints man dabei holen kann. Sportliche Allrounderqualitäten sind also gefragt, genau wie Erfahrung mit möglichst vielen Arten der Orientierung, ein bisschen Cleverness und vor allem natürlich eine gute Zusammenarbeit im Team.
Zum ersten Mal hatte das Auenland Adventure Race in den Klassen Challenger und Master den Status einer offenen Deutschen Meisterschaft. Das „offen“ ist gar nicht so irrelevant, weil bei diesem Wettkampf jedes Jahr der Großteil der Teilnehmer aus dem Ausland kommt, meist aus Holland.
Zwei Post-OL“er waren am Start: Jens Leibiger in der Master-Kategorie als amtierender Deutscher Meister (letztes Jahr noch eine Gesamtwertung mehrerer Rennen) mit seinem Partner Thomas Schmitt [Team „Immer auf der Suche“] und ich mit meiner Kommilitonin Marisa bei den Challengern [Team „Merry & Pippin“].
Für Jens ging die Post schon am Freitagabend um 18 Uhr ab, wir starteten am Samstagmorgen um 6 Uhr. Zielschluss war für beide Klassen allerspätestens 19 Uhr. Wer zu spät kommt, wird mit teurem Punktabzug bestraft: Mindestens zwei Checkpoints Abzug, alle fünf Minuten einer mehr und das, wo man für viele inkl. Suchen locker einen Umweg von 20 Minuten – zum Beispiel mit dem Mountainbike – macht.
An einer der Transition Areas unterwegs gab es diese Strafen ebenfalls – und Merry & Pippin konnten wirklich von Glück reden, dass sie es durch einen Zwischenspurt mit den Mountainbikes mit weniger als einer Minute Puffer noch gerade rechtzeitig geschafft haben. Pech hingegen, dass wir uns nicht genau informiert hatten und nicht wussten, dass im nachfolgenden Paddel-Abschnitt die ersten Teams leichte Kajaks bekommen, die späteren Teams dagegen schwere Kanadier – und dass man viermal aufgrund von Wehren in der Lahn umtragen musste!
Beim Auenland Adventure Race gibt es immer eine große Bandbreite an verschiedenen, spannenden Orientierungsformen. Gleich zu Anfang mussten wir uns eine Karte selber abzeichnen mit den Infos, die wir als nötig erachteten – eine gängige Trainingsform auch in der OL-Weltspitze. Kompasslauf nach Gradzahl und Entfernung, eine komplett weiße Karte mit nur der Laufstrecke und sonst nichts, dann die bei den Niederländern Strippenroute genannte Baton-Orientierung, die v.a. den Ski-OL“ern ein Begriff sein sollte und vieles mehr – das hat großen Spaß gemacht und natürlich hatten wir als OL“er dabei gute Karten.
Man weiß vor dem Wettkampf nie, in welche Gegend es geht und was die Aufgaben sein werden. Letztes Jahr war sogar eine Sommerrodelbahn in die Strecke eingebaut, diesmal mussten die Teams 10km mit einem (!) Kick-Bike zurücklegen, d. h. man musste sich überlegen, wer rollert und wer läuft, oder ob man sich doch irgendwie zu zweit drauf quetschen kann, oder ob das völlig sinnlos ist. Der beim vor wenigen Wochen vom Post SV Dresden ausgerichteten OL-Wochenende neu gekürte Deutsche Staffelmeister Florian Bergmann beeindruckte sämtliche Konkurrenten, als er, mit seiner Freundin als Beifahrerin vor sich auf dem Kick-Bike, ein Team nach dem anderen in einem Affenzahn überholte. Dieser Kraftakt wurde mit dem Deutschen Vizemeistertitel „Kurzdistanz“ der Challenger-Klasse in der Mixed-Wertung belohnt.
Wir, Merry & Pippin, konnten sogar gewinnen und haben am Ende nur ein einziges Männer-Team vor uns gelassen. 🙂
Wie beim OL findet man einige Orientierungsfehler, wenn man sich am nächsten Tag nochmal in Ruhe die Karten anschaut, aber da so ein Adventure Race wirklich komplex ist und man nie weiß, wie lange man wohin braucht, welche Checkpoints man am klügsten in welcher Reihenfolge in Angriff nimmt oder weglässt, ob man sich auch wirklich ganz auf die Karte verlassen kann und was für Hindernisse einen überraschen, ist das nicht so schlimm, im Gegenteil: Aus Fehlern lernt man ja!
Jens und Thomas waren mal wieder unschlagbar, haben es als einziges Team der Master-Kategorie, die wie gesagt einen vollen Tag inkl. Nacht unterwegs war, geschafft, alle Checkpoints anzulaufen/anzufahren. Nun dürfen sie sich Deutsche Meister über die Langdistanz nennen.
Da sieht man mal, wie gut es ist, in unserem schönen Sport OL die Orientierung in verschiedensten Geländen und auch die zugehörige Taktik, wie man am schnellsten von a nach b kommt, zu lernen. Man hat damit eine tolle Grundlage für Outdoor-Aktivitäten aller Art!